Wie mittlerweile üblich, erweitert Elder Scrolls Online sein MMORPG im Sommer um ein nagelneues Kapitel. Diesmal heißt es „Necrom“. Necrom bringt den üblichen Kapitel-Mix aus neuer Zone, Story, Neben-Quests, Weltbossen, öffentlichen Verliesen, und Mehrspieler-Prüfung mit. Erstmals seit der Erweiterung Elsweyr aus dem Jahr 2019 gibt es mit dem Arkanisten endlich auch wieder eine neue Klasse zu spielen. Wir schauen uns das Kapitel im neunten Jahr von Elder Scrolls Online genauer an und geben zum Schluss eine Empfehlung, ob sich „Necrom“ für Wiederkehrer oder neue Spieler von Elder Scrollls Online lohnt.

Story für Kenner

Für die Story von Elder Scrolls Online (ESO) Necrom griff man tief in den Erzählkosmos von Elder Scrolls – in das, was man unter Kennern „Lore“ nennt. Die Elder-Scrolls-Lore ist im festen Griff daedrischer Prinzen. Das sind mächtige, unsterbliche Kreaturen, die mal direkt und mal indirekt die Geschicke der Elder Scrolls Spiele lenken. Im ESO-Kapitel Necrom geht es ganz direkt zu. Spieler tauchen in die Welt von Hermaeus Mora ein.

Mora ist unter den daedrischen Prinzen sozusagen der Streber – der Bücherwurm, der alles Wissen verschlingt und den vollen Überblick über die Vergangenheit und Zukunft hat. So klug er sein mag, so verkopft ist auch die Hintergrundgeschichte von Necrom, die hier spoilerfrei kommentiert wird. Es sei nur soviel gesagt, dass Kenner und Liebhaber von Elder-Scrolls-Lore voll auf ihre Kosten kommen. Weniger mit Elder Scrolls und den Verwicklungen daedrischer Prinzen Vertraute verlieren rasch den Durchblick. Dieser kontroverse Start durchzieht Necrom wie ein roter Faden. Es ist ein Kapitel zum Lieben oder Lieben lassen. Die folgenden Zeilen helfen hoffentlich bei der Orientierung, auf welcher dieser Seiten sich der geneigte Leser sieht.

Neue Gebiete Apocypha und Telvanni-Halbinsel

Da sich Mora als Gelehrter versteht, sind auch die neuen Gebiete von ESO Necrom an diese Thematik angelehnt. Vor allem in Apocrypha stapeln sich die Bücher, wohin man schaut. Man mag der Zone stets gutes Wetter und keinen Regen wünschen, damit die Bücherschätze nich durchnässen. Apropos Nässe: Apocrypha ist durchzogen von Seen aus Tinte, mit denen Schriftrollen und Bücher beschriftet werden können. Fällt man zu tief hinein, schwimmt es sich recht zäh wie in einem Ölbad. Entlang der Küste der Insel sollte man obendrein nicht zu weit schwimmen – anstelle von Schlachterfischen erledigen einen hier garstige Tentakel.

Ansonsten erinnert die Grundstimmung auf Apocrypha an die Totenlande: Es ist ein überschaubares, weitgehend flaches Gebiet. Mit Farben wird keine Zurückhaltung gezeigt. Fast schon psychedelisch-grell und bunt geht es zu. Pflanzen glühen im Neonlicht, die Bücherstapel haben wir bereits erwähnt und Häuser und Hütten im rustikalen Blockhaus-Stil runden das Stimmungsbild ab, das einen Anflug von Erinnerungen an Alice im Wunderland weckt. Ein NPC formuliert treffend, dass man den Unterschied zwischen Tag und Nacht an diesem Ort kaum ausmachen könne. Dem ist nichts hinzuzufügen.

ESO - Nebenquests
Neben der Hauptgeschichte erwarten euch in „Necrom“ auch Neben-Quests (hier: „Flucht der geistig Gesunden“) an teils bizarren Orten. Bild: Screenshot ESO/Necrom

Weniger knallbunt präsentiert sich die Telvanni-Halbinsel. Sie ist thematisch wie ein kleines Geschwisterchen an die Morrowind-Zone Vvardenfell angelehnt. Das beginnt bei der Vegetation mit den bekannten Riesenpilzen und endet bei der Architektur der Hauptstadt Nekrom, deren Architektur mit all den langgezogenen winkligen Fluren ähnlich verwirrend ist wie das größere Vorbild Vivec auf Vvardenfell.

Sowohl Apocrypha als auch die Telvanni-Halbinsel liegen nicht in Tamriel, sondern sind über den großen Globus der Aurbis zu erreichen. Dasselbe Prinzip verwendet ESO auch bei der Stadt der Uhrwerke, Artaeum, Ferngrab oder den Totenländern. Beide Zonen sind jeweils nicht größer als das westliche Himmelsrand und deutlich kleiner als beispielsweise Wrothgar oder Kargstein. Auch Vvardenfell ist um einiges größer, blockiert aber einen erheblichen Teil des Areals durch einen nicht erkundbaren Vulkan. Das gibt es in Necrom nicht: Die Telvanni-Halbinsel und Apocrypha sind fast vollständig und Im Gegensatz zum teils zerklüfteten Areal des nördlichen Elsweyrs ebener und damit leichter zu bereisen. Das ist zu begrüßen! Die Detaildichte beider Nekrom-Gebiete liegt bestenfalls auf mittlerem Niveau und damit unterhalb der Detailfülle, wie sie beispielsweise Sommersend bietet. Auf beiden Inseln zusammen gibt es 16 Wegschreine – nicht zu wenig, nicht zu viel.

Gefüge ersetzen Dolmen

Ansonsten gehört zur Statistik das übliche Sortiment aus vergleichsweise anspruchsvollen Weltbossen (sechs Stück), ebenfalls sechs neuen Gewölben, 18 zu sammelnden Himmelsscherben, zwei öffentlichen Verliesen und zwei brandneuen Begleitern, zu denen ich gleich noch mehr sagen möchte. Was aber fehlt, sind die Anker oder Dolmen – also Aktivitäten der offenen Spielwelt, in denen mit oder ohne Mitspieler für Beutekisten mehr oder minder herausfordernde Feinde besiegt werden können. Diese kurzweilige Aktivität ist überraschend nicht mehr Standard-Programm von Necrom.

Hermaeus Mora
Dreh- und Angelpunkt der Handlung und Schauplätze von ESO: Necrom ist der daedrische Prinz Harmaeus Mora. Bild: Bethesda

Stattdessen könnt ihr nun in sogenannte Gefüge abtauchen. Das sind an Dungeons oder Arenen angelehnte in sich geschlossene Aktivitäten (sogenannte Instanzen), die man gemeinsam mit bis zu drei Mitspielern absolvieren kann. Es ist auch zu empfehlen, Mitspieler zu gewinnen, denn die Aktivitäten sind nicht ganz einfach. Für Anfänger ist das nichts, obwohl der Schwierigkeitsgrad wie in anderen Instanzen zwischen „normal“ und „Veteran“ gewechselt werden kann. Dass sich Anfänger trotzdem schwer tun, liegt auch an all die vielen Hürden, die einer Teilnahme an den Gefügen im Weg stehen. Zunächst benötigt man eine Tagesquest, dann muss man mehrere hartnäckige Zonen-Feinde besiegen, deren Kampf für kaum einen Anfänger zu bewerkstelligen ist. Ist das erledigt, müssen Spieler händisch eine Gruppe zusammenstellen, um in das passende Gefüge abtauchen zu dürfen. Eine Gruppensuche gibt es im Gegensatz zu Dungeons für Gefüge nicht.

Das Schöne daran ist, dass sich viele Spieler mehr herausfordernde Inhalte für die Zonen gewünscht haben und diesem Wunsch mit den Gefügen entsprochen wird. Das Problem ist der umständliche Zugang mit vielen Voraussetzungen und ohne Gruppensuche und die Tatsache, dass ein Gefüge einiges an Zeit beansprucht, während die ersatzlos gestrichenen Anker normalerweise nur wenige Minuten beanspruchen. Ob selbst erfahrene Spieler mit den nötigen Voraussetzungen mehr als ab und zu solch ein Gefüge auf sich nehmen, muss sich zeigen.

ESO Arkanist Dolmen
Wie beliebt Anker (Dolmen) in ESO sind, erkannt man an den vielen Jung-Arkanisten, die hier in Alik’r ihre neue Klasse trainieren. Bedauerlich, dass es in den Necrom-Zonen selbst keine solchen Anker mehr gibt. Bild: Screenshot ESO

Ebenfalls Teil von Necrom ist eine neue 12-Spieler-Prüfung, die ähnlich wie die happigen Weltbosse und die anspruchsvollen Gefüge als Zielgruppe erfahrene ESO-Spieler ansprechen. Für speziell an Kartenspielen interessierte Spieler gibt es außerdem neue Karten-Decks für die Ruhmesgeschichten. Neue Antiquitäten und Outfit-Stile runden das Angebot an die Sammel-Fans ab.

Neue Klasse: Arkanist

Die wohl interessanteste Neuerung ist allerdings die neue Klasse, der Arkanist oder die Arkanistin. Lange haben sich viele Spieler von ESO eine neue Spieler-Klasse gewünscht. Bekommen haben sie mit dem Arkanisten – angelehnt an die oben angesprochene Necrom-Handlung – eine Art Gelehrten, einen Bücherwurm. Die Lieblingsfarbe der Arkanisten ist grün. In dieser Farbe leuchten die meisten Fähigkeiten gemein hin gut sichtbar. Außerdem lässt sich grün als Farbe für Kostüme und Waffen freischalten, wenn im PVP 100 feindliche Arkanisten besiegt werden.

Arkanisten sind in ESO Meister kanalisierter Fertigkeiten. Das bedeutet, dass Arkanisten ihre Angriffe und Heilung am liebsten über eine gewisse Dauer entfalten, anstatt sie explosionsartig zu entladen. Das ist für sich genommen erstmal weder ein Nachteil noch ein Vorteil. Wenn etwa ein Dungeon- oder Prüfungs-Boss mit sehr vielen Lebenspunkten vor der Spielergruppe steht, kann man ihn so oder so nicht mit ein oder zwei Treffern erledigen. Hier glänzen die starken Kanalisierungs-Effekte der Arkanisten im offensiven Bereich: statische Ziele mit viel Leben sind genau das, worauf er spezialisiert zu sein scheint. Ein gutes Beispiel dafür, ohne an dieser Stelle in eine Einzel-Skill-Bewertung abzuschweifen, ist die Fertigkeit „Schicksalsschnitzer“. Sie bündelt einen Energiestrahl, der manuell auf ein Ziel ausgerichtet werden muss. Vergleichbar ist das mit dem Anvisieren des Fadenkreuzes in einem Shooter. Einmal aktiviert, feuert der Strahl auf sein Ziel und zieht ihm tüchtig Leben ab, sofern man ohne automatische Zielsuche trifft. Es kann für Anfänger sehr erfüllend sein zuzuschauen, wie sich die Lebensleiste der Gegner entlädt.

ESO Arkanist Beam
Der „Schicksalsschnitzer“ ist der klassendefinierende Beam der Arkanisten. Er muss auf das Ziel ausgerichtet werden und feuert dann über mehrere Sekunden einen wirklich mächtigen Angriffsstrahl. Verändert zum „pragmatischen Schicksalsschnitzer“ fügt die Fertigkeit obendrein einen mächtigen Schild sowie Immunität gegen Unterbrechen während der Wirkdauer hinzu. BIld: Screenshot ESO

Umgekehrt bedeutet diese Ausrichtung auf kanalisierende Fertigkeiten, dass Arkanisten in schnellen, hochdynamischen Situationen ihre mächtigen Knanalisierungs-Angriffe nur ungenau oder gar nicht platzieren können. Dem mächtigen Strahl des eben erwähnten Schicksalsschnitzers auszuweichen gelingt nämlich sehr leicht. Nur wenig Bewegung ist nötig, damit die Ausrichtung fehlschlägt und der gesamte Strahl ins Leere feuert. Zu den Situationen, in denen diese Art der Kanalisierung scheitert, zählt neben schnellen PVE-Kämpfen der fast vollständige Bereich PVP, also der Kampf gegen andere Spieler in Cyrodiil, Imperial City oder auf den Schlachtfeldern.

Andere Spieler zum Innehalten zu bewegen, damit sie die volle Schadensladung abkriegen, ist nicht so typisch – sofern sie nicht mit anderen Fertigkeiten gehalten oder betäubt werden. Dafür nötige Fertigkeiten bringen Arkanisten zwar mit, aber gegnerische Spieler können sich aus ihnen rasch befreien. Arkanisten können auch rascher zuschlagen, aber ihr Werkzeugkoffer ist darauf nicht annähernd so spezialisiert wie auf die Kanalisierung über Zeit.

Im Bereich Team-Unterstützung als sogenannte Support-Klasse bringen Arkanisten dagegen Fertigkeiten mit, die in Gruppen sowohl im PVE wie im PVP geschätzt werden. Das sind neben mächtigen Heilungen über Zeit auch diverse Stärkungen (Buffs) und Gruppen-Schilde. Auch als kaum bezwingbare Tanks können Arkanisten punkten.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Arkanisten für Spiel-Anfänger eine sehr gute Wahl sind. Die Fertigkeiten sind leicht anwendbar, erfordern für erste Erfolgserlebnisse keine komplizierten Rotationen oder schwer zu beschaffende Rüstungs-Sets und stoßen damit den Templer als Einstiegs-freundlichste Klasse vom Thron. Auch im lässigen bis fortgeschrittenen PVE können Arkanisten gut eingesetzt werden und bringen für unterschiedliche Aufgaben wertvolle Eigenschaften mit.

Weitgehend enttäuschend ist die Leistung von Arkanisten derzeit im PVP, insbesondere in der offenen PVP-Welt Cyrodiil. Kanalisierung ist etwas, das dort nicht gut funktioniert. Die wenigen Angriffe mit sofortigem Entladungs-Schaden (sogenannter „Burst“) sind zu schwach. Hier bleibt abzuwarten, ob künftige Rüstungs-Sets oder die regelmäßigen Änderungen an der Spielbalance – die sogenannte Meta-Verschiebung – der PVP-Befähigung von Arkanisten helfen.

Neue Begleiter

Passend zur neuen Arkanisten-Klasse ist der neue Begleiter Azandar Al-Cybiades Vertreter eben jener Arkanisten-Zunft. Ihr könnt also sozusagen als Arkanisten-Duo gemeinsam durch Tamriel streifen und Abenteuer bestehen, was spaßig sein kann.

ESO Necrom Azandar
Der etwas eingebildete Azandar (rechts im Bild) ist einer von zwei neuen Begleitern in ESO Necrom. Bild: ESO/Necrom

Der vielleicht wertvollere Begleiter ist dagegen Gerissen-wie-die-Nacht. Damit ist erstmals ein Hüter als Begleiter einsetzbar. Hüter gehören zu den besonders schlagkräftigen und hartnäckigen Klassen. Das ist eine Kombination, die sich als Begleiter fast aufdrängt. Schlagkraft sucht man, sonst bräuchte man keinen Begleiter und Hartnäckigkeit ist nötig, weil die Begleiter leider noch immer nicht allzu weit mitdenken und geduldig im größten Schlammassel stehenbleiben, bis ihnen die Puste ausgeht. Eine gewisse Zähigkeit ist also hilfreich, um mehr von ihnen zu haben.

Technik

Wie von ESO gewohnt, glänzt auch Necrom mit qualitativ hervorragender Musik und einer tadellosen Vertonung sämtlicher Dialoge in deutscher Sprache. Optisch sind die neuen Gebiete eher durchschnittlich mit Details gespickt. Trotz der geringen Objektdichte sackt die Framerate auf der PS5 auch ohne andere Mitspieler in der Nähe selbst im Leistungsmodus immer wieder spürbar ab.

Gelungen sind die Animationen und Fertigkeits-Illuminationen der neuen Arkanisten-Klasse in grellem Neon-Grün. Kleiner Haken an der Sache: Feinde im PVP können früh erkennen, dass sie gegen Arkanisten kämpfen, was ihnen einen Vorteil bringen kann.

ESO Necrom Quest
Bei der hier angezeigten Quest gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass man eine andere Person suchen und eine völlig andere Quest an diesem Ort annehmen und abschließen muss, um den Quest-Fortschritt voranzutreiben. Auch im Quest-Tagebuch findet sich dazu kein Hinweis. Bild: Screenshot ESO/Necrom

Verwirrend ist nicht nur für Erstspieler von ESO die Abfolge der Quests der Necrom-Hauptgeschichte ganz zu Beginn. Die Quest „Entsandte des Schicksals“ führt Spieler zu drei Punkten. Sie sollen die Nekropole von Nekrom, Tel Randy sowie Alavelis untersuchen. Das sind alles Orte in den neuen Necrom-Gebieten. Das Problem ist nur: Erreicht der Spieler diese Orte, setzt sich die Quest nicht fort. Stattdessen müssen andere Questgeber gefunden und deren Aufträge absolviert werden. Hinweise darauf gibt es in der Haupt-Quest nicht. Man steht buchstäblich im Regen und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Hier die Lösung des Problems, die das Spiel leider schuldig bleibt:

  • Untersucht die Nekropole von Nekrom setzt den Beginn und Abschluss der Quest „Hüter des Schicksals“ voraus.
  • Untersucht Tel Randys setzt den Beginn und Abschluss der Quest „Der Geist und das Schicksal“ voraus.
  • Untersucht Alavelis setzt den Beginn und Abschluss der Quest „Des Schicksals verlorener Turm“ voraus.

Die Quests findet ihr in der Nähe, wenn ihr dem Hautgeschichts-Wegpunkt folgt. Dass ihr andere Quests erledigen müsst, um die Hauptgeschichte fortzusetzen, erwähnt das Spiel allerdings nicht. Ein Hinweis wäre hilfreich.

ESO Nekrom - Wegpunkte
Wie Wegpunkte in ESO besser funktionieren als über das Standard-System, zeigt die Quest „Ausrangierte Schicksale“ in Necrom. Farbigen Markierung folgt es sich intuitiv selbst über Treppen. Das Standard-Wegpunkt-System von ESO ist weit weniger intuitiv. Bild: Screenshot ESO/Necrom

Apropos Wegpunkte: Wenig erfreulich ist einmal mehr die Leistung des Wegpunkt-Systems, das wie schon in vorherigen Kapiteln oft an seine Grenzen kommt und Spieler zu Improvisation und Workarounds nötigt. Einer dieser Workarounds liegt darin, die Karte kurz zu öffnen und zu schließen, falls sich das Wegpunktsystem verschluckt hat und überhaupt gar keinen Wegpunkt anzeigt. Wenig intuitiv ist auch die Angabe, ob sich das Ziel ober- oder unterhalb der aktuellen Position befindet oder man wird komplett in die Irre geleitet.

Ein Beispiel dafür ist die neue Prolog-Quest. Anfänger werden direkt nach der Charaktererstellung in einen verschlossenen Raum gelotst. Nach dem Knacken des Schlosses weist das Wegpunkt-System zu einem Ort auf der anderen Seite der Mauer, statt zu einer Tür. Folgt man dem Wegpunkt, geht es nicht weiter. Erst das Öffnen der Karte zeigt, wo sich das Ziel befinden könnte. Es dauert also nur wenige Minuten, bis ein komplett neuer Spieler bereits einen Workaround für Unzulänglichkeiten im Wegpunkt-System des Spiels finden muss.

Dass es sehr viel besser ginge, zeigt das Spiel selbst. Vorbildlich zeigt es die Necrom-Neben-Quest „Ausrangierte Schicksale“. Farbige Markierungen weisen im offenen Verlies „Untergewebe“ auf Apocrypha den Weg. Man kann die Markierungen einfach ablaufen, selbst wenn es treppauf oder treppab geht. Das ist intuitiv und sehr viel besser als das mittlerweile in die Tage gekommene Wegpunkt-System von ESO für alle anderen Quests und Aufgaben und erhöht obendrein die Immersion, also das ungestörte Fallenlassen in die Handlung.

Störend sind außerdem zahlreiche kleine oder größere Spielfehler („Bugs“). Einer der erwähnenswertesten sind die sogenannten „Sucher des Herolds„. Das sind starke umherziehende Feinde, die für den Zutritt zu den oben erwähnten Gefügen erledigt werden müssen. Das Problem ist, dass sie überall herumschwirren können – auch dort, wo Spieler beispielsweise Antiquitäten ausbuddeln. Stören sie Spieler dort, wird die Ausgrabung unterbrochen, was bestenfalls nervt und schlimmstenfalls zum Verlust gefundener Gegenstände führt. Sogar an sicheren Orten wie an einem Wegschrein kann man von den Tentakeln der Herolde angegriffen und gestört werden. Der Fehler ist mittlerweile offiziell bestätigt und soll möglicherweise in einem späteren Update behoben werden.

Auf der Testplattform PS5 sackt insbesondere in den öffentlichen Verliesen die Leistung teils so stark ab, dass es kaum möglich ist, die zahllosen Betäubungen und Störungen zu kontern. Im offenen Verlies „Untergewebe“ schoss der Gruppenwagnis-Boss „Allessehender Ky’zuu“ offenbar über die für den Kampf vorgesehene Zone mit seiner eigenen Kopfnuss hinaus, so dass er den Kampf abbrach und zurücksetzte – frustrierend.

Zum Glück sind Leistungseinbrüche meist begrenzt und vorübergehend. Während des Tests kam es auf der PS5 zu gelegentlichen Framerate-Einbrüchen, die sich im Leistungs-Modus in aller Regel rasch wieder fingen. Nur einmal kam es zu einem Absturz im PVP von Cyrodiil in einem besonders hitzigen Gefecht während des PVP-Events „Midyear Mayhem“. Auf der PS4 ist „Nekrom“ spielbar, allerdings mit Abstrichen bei der Grafik, Flüssigkeit und mit gelegentlichen Mikro-Rucklern. Sofern möglich, sollte auf einem flotten PC oder einer aktuellen „next Gen“ Konsole gespielt werden. Die Playstation-Trophäen synchronisieren sich zwischen beiden Plattformen reibunglos: Auf der PS4 freigespielte Trophäen lassen sich auf die PS5-Version übertragen und umgekehrt. Prima!

Hinweis zur Transparenz

Dieser Test entstand mit einem Testmuster von „Necrom“. Das hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt oder das Ergebnis dieser Rezension. Spiel-Plattformen sind Playstation 4 und 5. Soweit die Plattformen relevant sind, ist darauf im Text hingewiesen worden.

Fazit

Necrom spaltet das ESO-Fanlager. Wer die Handlung in ihrer Lore-Tiefe rund um die daedrischen Prinzen von Elder Scrolls liebt und versteht, wird die Necrom-Handlung feiern. Weniger Lore-feste Spieler bleiben ein wenig außen vor. Glücklich schätzen können sich auch Fans anspruchsvoller Inhalte. Neben der neuen 12-Spieler-Prüfung erwarten sie nagelneue Gefüge, die sich ähnlich spielen wie Dungeons. Auch die knackigen Weltbosse sprechen Fans anspruchsvoller Kampferfahrungen an – können weniger erfahrenen oder ambitionierten Spielern aber genauso den Spaß nehmen.

Ein wenig auf der Strecke bleiben insgesamt Anfänger, für die Necrom kein günstiger Startpunkt in das ESO-Abenteuer ist. Es fehlen die für sie leicht spielbaren Dolmen, die Weltbosse sind zu schwierig, die Gefüge zu kompliziert zu aktivieren und zu spielen und Prüfungen sind ohnehin eher eine Aktivität für den späteren Spielverlauf. Was bleibt, ist eine recht verkopfte Handlung, die Anfänger ohne Elder-Scrolls-Vorkenntnisse leicht irritieren kann. Auch die vielen Macken der Wegführung sind für Einsteiger eine Herausforderung.

Das ist schade, denn die neue Klasse des Arkanisten ist gerade für Anfänger wie geschaffen. Die Fertigkeiten sind gut zugänglich, leicht in der Praxis einzusetzen und bringen auch ohne optimierte Sets rasch motivierende Erfolgserlebnisse. Ohnehin ist die Klasse wohl das Verkaufsargument für Necrom schlechthin. Die Klasse ist neu, macht im PVE Spaß. Einzig im PVP ist sie für konventionelle Builds zum Zeitpunkt dieses Artikels eher eine frustrierende Erfahrung.

ÜBERBLICK DER REZENSIONEN
Story
Gameplay
Grafik und Atmosphäre
Musik und Sound
Technik und Fehler
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Jan-Hendrik Fleischer
Herausgeber von G-Zockt.DE. YouTuber, Blogger und erfahrener Games- und IT-Redakteur. Gamer, aufgewachsen mit Zak McKracken, Dungeon Master, Elite, Turrican und Maniac Mansion. Auf der unendlichen Suche nach dem einen Spiel. Dem letzten Spiel. Dem einzigartigen Spiel, das nichts mehr in den Schatten stellen kann.

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