Mit Quake 2 kommt ein Urgestein der Videospielgeschichte auf moderne Hardware. Nostalgie-Fans können den behutsam überholten Shooter-Klassiker auf PC, Xbox One aufwärts, Playstation 4 aufwärts und Nintendo Switch spielen. Das renovierte Quake 2 umfasst das Grundspiel, die Erweiterungen „The Reckoning“, „Ground Zero“, die Nintendo-Portierung „Quake 64“ sowie eine nagelneue Kampagne „Call of the Machine“. Abgerundet wird das Quake-2-Paket von einem plattformübergreifenden Multiplayer-Modus.

Zocken in den 90er Jahren: Das war PC-Schrauberei, um noch ein paar MHz Leistung aus der Hardware herauszukitzeln. Dazu gehörten natürlich kreischende Lüfter, um die brutale Hitze um die kochende Hauptplatine beim Overclocking hart an der Belastungsgrenze aus dem Gehäuse zu schaufeln. 3D-Grafik wurde seinerzeit teils noch in Software berechnet, was Prozessoren zum Glühen brachte. Wer ohne dedizierte 3D-Hardware in den damaligen Grafikkarten nach mehr 3D-Leistung suchte, musste mit separaten 3D-Karten und diversen Treibern experimentieren. Wer mit Begriffen wie 3dfx, Voodoo, Voodoo 2 und SLI-Modus etwas anfangen kann, darf sich zu den Day-1-Nostalgikern unter den 3D-Shooter-Enthusiasten zählen! Man kennt es. Wozu das Ganze? Um die Shooter-Evergreens Doom und Quake spielbar oder ein wenig weniger ruckelig zu machen. Framerate in den 90ern musste man sich erarbeiten!

Realismus hatte seinen Preis: Indizierungen

Quake und Doom gehörten zu den Straßenfegern unter den Videospielen und krempelten das Shooter-Genre in den 1990er Jahren gehörig um. Die Shooter stellten nicht nur wegen ihrer 3D-Level-Designs, sondern auch ihrem für die damalige Zeit realistischen Darstellungen Rekorde auf.

Gerade die Detailfülle war in den 90ern ein Problem. Teil der Nostalgie ist die Schattenseite der Spiele, die für die damalige Zeit ungewohnt viel, ungewohnt harte und ungewohnt detailreiche Gewalt zeigten. 3D-Action, martialische Soundeffekte, fetzige Musik – das gefiel nicht jedem. Beide Spiele: Doom und Quake samt ihrer Nachfolger haben es vorübergehend auf den Index geschafft, sind von diesem Makel inzwischen aber befreit und können auch in Deutschland wieder gezockt und gekauft werden.

Quake 2 heute: viel Retro mit zeitgemäßen Anpassungen

Quake 2 ist kein Remake. Es ist eher ein behutsames Remaster mit einigen Anpassungen an die künstliche Intelligenz der Story-Bots sowie behutsamen Anpassungen an die Zeit. Das Spiel ist nun auf Widescreen-Ausgabe im 16:9-Format optimiert, das gängige Fortmat der meisten Spieler sowohl am PC als auch auf der Spielkonsole. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um den Klassiker ohne lästige schwarze Balken an den Seiten auf modernen Fernsehgeräten und Monitoren spielen zu können.

Wohin man schaut, warten schon die Feinde. Bild: Screenshot Quake 2

Zu den Reizen von Quake 2 zählt der Blickwinkel (Field of View), der dicht am Geschehen ist. Kombiniert mit der agilen Framerate zieht es Spieler buchstäblich in das Geschehen. Das in den 90er Jahren noch revolutionäre 3D-Konzept konnte damals aber wie eingangs erwähnt nur mit recht seltenen 3D-Beschleunigerkarten wirklich flüssig genossen werden. Heute sieht das anders aus. Bis zu 120 Frames pro Sekunde, etwa auf dem PC oder Playstation 5, sind mit geeigneten Displays möglich. Ansonsten läuft das Spiel auch in 60 Frames pro Sekunde butterweich und wohl besser als auf den meisten Systemen der 90er.

Die Grafik ist an die Auflösung angepasst und mit Kantenglättung minimal aufgehübscht worden. Ansonsten bleibt Quake 2 seinem Klötzchen-Charme treu. Es ist ein Remaster, kein Remake. Die Grafik bildet den Original-Charakter gut ab. Was in den 90ern die Kinnladen hat fallen lassen, wirkt heute wie das, was es ist: retro. Das liegt in der Natur der Sache und ist kein Vorwurf.

Einige Szenen der Story-Sequenz sehen auch nach heutigen Maßstäben gut aus. Bild: Screenshot Quake 2

Die Story von Quake und Doom haben schon in den 90ern bestenfalls am Rande interessiert. Wichtiger war die actionreich-dynamische Baller-Orgie und die wird auch in Quake 2 mit einem breiten Arsenal an Wummen ordentlich bedient. Nach und nach füllt sich das Arsenal von leichten Handfeuerwaffen bis zu schweren Maschinengewehren. Man muss nicht tief in das Spiel eintauchen, um alle Waffen zu finden. In heutigen, modernen Spielen gibt es eine solch rasche Belohnung nicht. Auf der Konsole wählt man aus einem Waffenrad die zur Spielsituation passende Wumme aus. Manch eignen sich besser gegen nahe, manche gegen ferne oder gepanzerte Feinde.

Masse statt Klasse: viel Feind statt KI

Hinter jeder Ecke könnte ein Fiesling stecken, der dem Spieler nach dem Leben trachtet – was besonders mit fortschreitendem Spielfortschritt meist auch zutrifft. Im Zweifel löst die schiere Menge an Feinden das, was modernere Shooter mit ausgefeilter künstlicher Intelligenz versuchen: den Spieler an die Grenzen zu bringen.

Quake 2 ist eben ein Klassiker, der noch andere Wege beschritt. Das gilt auch für das Level-Design. Die Suche nach immer mehr Waffen, nach Munition, Medi-Kits und anderen Geheimnissen ist Teil des Reizes von Quake 2. Hartgesottene Spieler kennen jeden Winkel jedes Levels auswendig. Das kann für weniger nostalgie-affine Zocker zur Geduldsprobe werden. Eine clevere Idee ist der Kompass, den das überholte Quake 2 auf Wunsch anbietet und den Weg zum nächsten Zielpunkt anzeigt, zumindest manchmal. Wenn dieses Quality of Life Feature funktioniert, was leider nicht immer zutrifft, hilft es enorm. Es ist auch nicht im Weg. Wer solche Helferlein ablehnt, muss es nicht benutzen – fertig.

Verfügbare Spiel-Modi im Story-Modus von Quake 2. Bild: Screenshot Quake 2

Am Umfang gibt es nichts zu meckern. Diverse Level-Packs, die Nintendo-Version des Spiels bis zu einer nagelneuen Kampagne ist alles dabei, was man für stundenlanges Ballern braucht. Genügt das nicht, kann man plattformübergreifend in den Multiplayer-Modus hüpfen.

Konsole: ohne Maus und Tastatur

Einziger Wermutstropfen auf der Konsole ist die fehlende Unterstützung von Maus und Tastatur. Die Steuerung mit dem Controller funktioniert, fühlt sich aber aus Retro-Sicht etwas befremdlich an. Schade ist, dass nur wenige Spiele es Unreal Tournament gleich machen, das Maus und Tastatur schon auf der PS3 unterstützt hat.

Hinweis zur Transparenz

Dieser Test entstand mit einem Testmuster von „Quake 2“. Das hat keinerlei Einfluss auf den Inhalt oder das Ergebnis dieser Rezension. Spiel-Plattformen sind Playstation 4 und 5. Soweit die Plattformen relevant sind, ist darauf im Text hingewiesen worden.

Fazit: Retro durch und durch

Man kann Quake lieben oder hassen, aber eines ist unbestritten: Es ist ein Teil der Videospielkultur und Videospielgeschichte geworden. Und als solches ist es ein verdienstvoller Beitrag, das Spiel mit diesem gelungenen Remake nun auch für jüngere Spieler auf vielen verschiedenen modernen Plattformen zugänglich zu machen.

Der Charme des Originals bleibt erhalten. Die Grafik hat weiterhin ihren Klötzchen-Charme. Dank des Betrachtungsabstands und der schnellen Framerate wird man geradezu in die Dynamik hineingesogen. Die Musik und archaischen Soundeffekte runden die wilde Ballerorgie ab.

Dennoch eine Warnung: Quake 2 ist keine reine Schießerei. Wer keinen Spaß daran hat, Level nach verborgenen Schaltern, Goodies, Waffen, Geheimgängen oder dem Weg zum nächsten Abschnitt wieder und wieder abzuklappern, wirft rasch frustriert hin. Das Spiel ist nicht übermäßig gemein, es ist einfach in einer anderen Zeit entstanden. Das kann frusten. Oder motivieren. Auch bietet Quake 2 nach kurzer Eingewöhnung viel sich wiederholende Spielelemente. All dies ist eben so, wie es ist. Wie es war. Nostalgie.

ÜBERBLICK DER REZENSIONEN
Story
Gameplay
Grafik und Atmosphäre
Musik und Sound
Technik und Fehler
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Jan-Hendrik Fleischer
Herausgeber von G-Zockt.DE. YouTuber, Blogger und erfahrener Games- und IT-Redakteur. Gamer, aufgewachsen mit Zak McKracken, Dungeon Master, Elite, Turrican und Maniac Mansion. Auf der unendlichen Suche nach dem einen Spiel. Dem letzten Spiel. Dem einzigartigen Spiel, das nichts mehr in den Schatten stellen kann.

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